Pflege für das Gebiet des Nationalparks Šumava
Wir können prinzipiell zwei Aspekte unterscheiden:
- Der erste Aspekt besteht darin, dass ein Teil des Gebiets einer natürlichen Entwicklung überlassen wird, wobei sich die Natur nach ihren eigenen Regeln richtet.
- Der zweite Aspekt besteht in der Applikation einer vorübergehend gesteuerten Pflege in den Ortschaften, die in der Vergangenheit durch die Tätigkeit des Menschen erheblich verändert wurden.
Gegenwärtig umfasst das seiner natürlichen Entwicklung überlassene Gebiet ca. 23 %, das langfristige Ziel des Nationalparks Böhmerwald besteht darin, dass der überwiegende Teil des Gebiets seiner natürlichen Entwicklung überlassen wird und natürliche Prozesse den Vorzug erhalten.
Die Wälder stellen den überwiegenden Teil der Fläche des Nationalparks Böhmerwald dar und die Pflege dafür spielt eine wichtige Rolle in der komplexen Pflege für den Nationalpark.
Insgesamt betrachtet sind die Wald-Ökosysteme unseres größten Nationalparks in zwei Teile geteilt. In ein seiner natürlichen Entwicklung überlassenes Gebiet und in ein Gebiet mit gelenkter Pflege des Waldes.
Das seiner natürlichen Entwicklung überlassene Gebiet erstreckt sich auf einer Fläche von 15 000 ha; da erfolgt eine natürliche Entwicklung der Kräfte der Natur. Das bedeutet, dass in diesen Wäldern keine menschlichen Eingriffe hinsichtlich der Holzgewinnung oder der Anpflanzung von Bäumen vorgenommen werden.
Diesem Typ der Waldpflege begegnen wir vor allem in dem an den Nationalpark Bayerischer Wald angrenzenden Gebiet, wo es weite Komplexe von bergischem, feuchtem und torfigem Fichtenwuchs gibt. Diese bilden in ihrer Verbindung das größte, seiner natürlichen Entwicklung überlassene Waldgebiet in Mitteleuropa.
Waldlose Gebiete machen aus der Sicht der Biodiversität der Landschaft des Böhmerlands einen grundlegenden Anteil aus. Mehr als drei Viertel der Pflanzen des Böhmerwalds sind eben an die Wiesen und Torfmoore gebunden.
In den letzten zehntausend Jahren, nach Beginn der Zwischeneiszeit, kam es in der Form der baumlosen Gegend einige Male zu größeren Veränderungen.
Die offene Landschaft kalter Perioden wich vor der Waldvegetation zurück, deren Entwicklung von der Erwärmung und Klimabefeuchtung gefördert wurde.
Die Entwicklung der menschlichen landwirtschaftlichen Zivilisation hat jedoch diesen natürlichen Prozess sehr markant beeinflusst. Mit seiner Tätigkeit hat der Mensch dafür gesorgt, dass die baumlosen Örtlichkeiten erhalten blieben oder neu geschaffen wurden.
Am Beispiel des Böhmerwalds kann man sehr gut sehen, wie dieser Prozess die Biodiversität der hiesigen Natur positiv beeinflusst hat, denn die Wiesenvegetation der Siedlungsenklaven bietet zum Beispiel rund zwei Dritteln der Pflanzenarten des hohen Böhmerwalds eine Heimstätte.
Die Wiesenenklaven bieten den typischen bergischen Arten der primären Brache günstige Bedingungen, Arten, die an helle Typen des Bergwalds gebunden sind, aber auch Arten, die ursprünglich in niedrigeren Lagen vorkamen, und Pflanzen, die mit dem Menschen und seinem Wirtschaften kamen (Ackerunkräuter, Weideunkräuter, ruderale Arten).
Dem Schutz der Natur im Böhmerwald steht eine große Herausforderung bevor. Es soll ein Programm einer allmählichen Wiederherstellung geschaffen werden, das soweit wie möglich mit den örtlichen Gesellschaften verbunden sein soll. Es soll die Bepflanzung von wertvollen Örtlichkeiten durch Besamung mit Bäumen- und Sträucher-Samen durchgeführt werden, es soll mit einer regelmäßigen Mahd begonnen und die Weide an ausgewählten sehr hochwertigen Plätzen effektiv organisiert werden.
Der Böhmerwald weist eine Menge von kleinen Wasservorkommen, Quellengebieten, Torfmooren, Quellrinnen und namenlosen Bächen auf, die größere Läufe mit Wasser versorgen und somit ein hydrologisches Netz bilden, das bis zur Gegenwart in erheblichem Maße im naturnahen Zustand erhalten geblieben ist.
Im Zusammenhang mit der Besiedlung des Böhmerwalds wurden die Flüsse zu verschiedenen Zwecken verwendet, insbesondere als Treibkraft für Hämmer, Sägen oder Mühlen. Damit gingen in der Regel ein Abdämmen des Flusses und ein Erbauen von Zuleitungskanälen zu diesen Anlagen einher.
Einen erheblichen Eingriff in die Hydrologie des Böhmerwalds stellte die Errichtung eines Systems von Schifffahrtswegen einschl. der Schleusen dar oder der Regelung von Flüssen für diese Zwecke.
Eine verhältnismäßig große Menge dieser Regulierungen verfielen nach dem II. Weltkrieg nach der Aussiedelung der deutschen Bevölkerung und in den Zeiten der Militärzone oder sie verloren zumindest ihren Zweck.
Die neueste Geschichte – die Entwicklung nach dem Fall des Eisernen Vorhangs – ist bereits geprägt von der Existenz des Nationalparks Böhmerwald und dadurch von einem strengeren Schutz der Natur.